Nach der Aufhebung des Edikts von Nantes durch den Sonnenkönig im Oktober 1685 nahm auch der Ansbacher Markgraf Johann Friedrich (Regierungszeit 1672 – 1686) reformierte Glaubensflüchtlinge aus Frankreich auf.

Franzosenkirche Schwabach

Die Franzosenkirche in Schwabach (Foto: Myratz)

Wie bei anderen deutschen Fürsten war damit die Hoffnung verbunden, die französischen Handwerker und Kaufleute möchten neue Gewerbe und Produktionsmethoden und die nötige Arbeitskraft mitbringen.

Denn noch waren die Folgen des 30jährigen Krieges nicht überwunden. Nachdem Johann Friedrich schon im Sommer 1685 den Gobelinfabrikanten Claraveaux nach Hennenbach bei Ansbach geholt hatte, wurde dort am Weihnachtstag 1685 durch die Wahl von
drei Anciens die französisch-reformierte
Gemeinde konstituiert.

Die kirchlichen und weltlichen Privilegien wurden durch den Markgrafen im Januar und Februar 1686 verbrieft. Es wurde den Refugies Reformés freie, öffentliche Religionsausübung und die Wahl der Pfarrer und Lehrer zugestanden, Predigten und Katechismusunterricht durften aber nur auf Französisch gehalten werden. Das Gebet für den Fürsten war vorgeschrieben, religiöse Belehrung der lutherischen Bevölkerung aber verboten.

Der Schutz der Person, des Eigentums und der wirtschaftlichen Betätigung wurde ihnen garantiert, Zollerlass für fünf und Abgabenfreiheit für 10 Jahre gewährt. Sie brauchten keine militärischen Einquartierungen zu dulden, keine Dienste zu leisten. Handwerker waren verpflichtet, den Zünften beizutreten, und mussten ohne Vorlage eines Meisterbriefs aufgenommen werden.

Der Gobelinhersteller Clarveaux, der Strumpfwirker Tronchin und die Gerber Garnier erhielten darüber hinaus noch individuelle Zusagen und Vorrechte.
Zunächst war vorgesehen, die französischen Reformierten, die erst viel später den Spottnamen Hugenotten als ehrenhafte Bezeichnung akzeptierten, in einer neuen, auf dem Reißbrett entworfenen Vorstadt von Ansbach anzusiedeln. Dies scheiterte wegen des frühen Todes des Markgrafen am Widerstand der lutherischen Geistlichkeit. So entschied der reformierte Kurfürst von Brandenburg als Vormund des minderjährigen Nachfolgers für eine Ansiedlung innerhalb der Stadt Schwabach. Im Sommer 1686 trafen die Flüchtlinge hier ein, die Regierung stellte zu ihrer ersten Unterbringung einige markgräfliche und hinzugekaufte Häuser zur Verfügung, ebenso das Grundstück für die Kirche und vor dem Zöllnertor ein Gelände für den Friedhof.

Mit dem Bau der Kirche konnte im September 1686 begonnen werden. Der erste Prediger Francis Martel baute sich 1700 ein repräsentatives Wohn- und Pfarrhaus an der Friedrichstraße; das Armen- und Krankenspital der Gemeinde entstand 1711 hinter der Kirche, das eigentliche Pfarrhaus 1721 daneben.
Bereits 1688 fand in Erlangen die erste gemeinsame Synode der französisch-reformierten Gemeinden in den Markgrafschaften statt. Obwohl die Refugies innerhalb der Mauern der alten Stadt Schwabach angesiedelt wurden und sich nicht einmal ein abgegrenztes französisches Wohnquartier bildete, wurde ihnen eine eigene Zivilverwaltung zugestanden, deren Directeurs – anfangs französische Adelige, später auch Deutsche – vom Markgrafen ernannt und bezahlt wurden. Sie kamen gelegentlich in Konflikt mit dem Rat und dem Stadtrichter, wie auch das Zusammenleben von Deutschen mit althergebrachten Rechten und Franzosen mit neuen Privilegien nicht immer harmonisch war. Trotz der Privilegien gehörten diese jedoch kaum zu den reichen Leuten, verhältnismäßig wenige brachten es zu eigenem Hausbesitz.

Ihre größte Ausdehnung erreichte die Kolonie 1716 mit knapp 500 Personen in 103 Familien, darunter sieben Hausbesitzer bei einer Gesamteinwohnerzahl von etwa 3800 in 350 Häusern. Das markgräfliche Privileg gestattete der französischen Kolonie eine eigene Schule, die ab 1721 im neuerbauten Pfarrhaus untergebracht war und (außer zum Katechismusunterricht) auch von deutschen Kindern besucht werden durfte. Der Lehrer, oft auch Kantor der Gemeinde, wohnte im Pfarrhaus und wurde teils vom Markgrafen, teils aus dem Schulgeld der Eltern bezahlt.

Der französische Unterrichtfand bis 1813 statt, als der Lehrer Francis Cazalet in den städtischen Schuldienst wechselte. Zuletzt kamen mehr lutherische und katholische als reformierte Kinder. Die französischen Flüchtlinge brachten die Gobelinherstellung und die Strumpfwirkerei mit.

Während die Tapisserie anfangs florierte und in der ersten Generation 50 Arbeiter beschäftigte, aber nach 1700 schnell an Bedeutung verlor, blieb das Strumpfwirkerhandwerk etwa 150 Jahre lang das wichtigste Gewerbe in Schwabach. Es ging nach und nach in deutsche Hände über, auch wenn die in französischer Sprache abgefasste Handwerksordnung von 1726 beide Nationalitäten in einer Zunft zusammenfasste. Am Ende des 18. Jahrhunderts fanden über 1800 Personen von insgesamt etwa 6500 Einwohnern Lohn und Brot – allerdings ein sehr bescheidenes für die meisten.

Auch unter den Tuchmachern und Bortenwirkern sowie in der Rotgerberei waren die Franzosen stark vertreten. Auffällig ist, dass sie an den Lebensmittelhandwerken – von dem ihrem Spital seit 1784 zustehenden Bäckereirecht abgesehen – überhaupt nicht beteiligt waren; insbesondere war unter ihnen keiner der vielen Bierbrauer und Tabakmacher.
Es ist aber wohl eine Legende, dass sie die Nadel- und Drahtfabrikation und die Goldschlägerei nach Schwabach gebracht haben. Die bürgerliche Sonderrolle der Schwabacher Franzosen als gleichberechtigte Untertanen wurde von Markgraf Carl Wilhelm Friedrich (Regierungszeit 1729 – 1757) bei seinem Regierungsantritt mit der Verleihung einer Fahne unterstrichen. Er erneuerte und präzisierte 1735 und 1754 die Privilegien für die Franzosengemeinde, auch um die aufgekommenen Spannungen zwischen Franzosen und Deutschen zu beruhigen.

Gegen die Mitte des 18. Jahrhunderts nahm die Zahl der französischen Familien durch Abwanderung in größere Hugenottengemeinden rapide ab, auf 54 um 1750 und nur noch 10 im Jahre 1793. Französische Familiennamen verschwanden auch durch Eheschließungen zwischen den Konfessionen, die von Anfang an erlaubt waren.
Im Zusammenhang mit der Neuen Auslag vor dem Zöllnertor wurde 1738 noch einmal versucht, die Kolonie durch Anwerbung von Reformierten zu vergrößern, von denen sich der Markgraf die Einführung der Seiden- und Uhrenindustrie in der 1737 ausgebauten Vorstadt von Schwabach versprach. Trotz der Steuerfreiheit für 10 bis 30 Jahre (wie heute: je größer das Haus, also das Vermögen des Besitzers, umso länger) fand der Directeur der Franzosengemeinde, Seigneur de Granges, bei seiner Werbereise nach Genf keine umsiedlungswilligen Reformierten.

Nachdem die Markgrafschaften bayerisch geworden waren, wurde die französische Zivilgemeinde 1808 aufgehoben und die Kirchengemeinde der lutherischen Kirchenaufsicht unterstellt, weil der katholische König keine staatsunabhängige reformierte Kirchenordnung dulden wollte. Erst 1856 wurde wieder eine reformierte Synode in Bayern erlaubt, bis 1918 allerdings mit Beschränkungen.

Die Zahl der Gemeindemitglieder erreichte 1869 mit 49 ihren niedrigsten Stand. Gegen Ende des 19. Jahrhundert hatte die Gemeinde den Tiefpunkt überwunden. Zwar zogen außer deutschen Reformierten auch solche aus anderen Franzosengemeinden (z. B. der Seifenfabrikant Ribot aus Bad Cannstatt) nach Schwabach, die hugenottische Tradition jedoch riss endgültig ab mit dem Ende der französischen Predigten beim Tode des letzten Predigers Pierre Francis Tribou im Jahre 1857. Von da an war der Nürnberger reformierte Pfarrer für die Schwabacher Gemeinde zuständig, aber erst seit 1922 nennt sie sich nicht mehr französisch-reformiert.

Die eigene Pfarrstelle wurde 1977 wieder besetzt und 1975 auf dem Gelände der ehemaligen Franzosengärten neben dem Friedhof ein Gemeindehaus gebaut als Mittelpunkt für das Leben der heute über das ganze Schwabacher Stadtgebiet und drei angrenzende Landkreise verteilten Gemeinde.